Das Getreide ist geerntet, das Feld leer. Fast: Denn auf 300 Metern Länge zieht sich ein bis zu 24 Meter breiter Blühstreifen aus heimischen Kräutern durch die Getreidestoppeln. Bis zu 2 Meter ragen die höchsten Pflanzen empor, darin summt und brummt es kräftig. Aber auch am Boden herrscht reges Treiben. „Da ist Leben drin!“ freut sich Steffen Kleibolte.
Der junge Landwirt aus Ennigerloh hat 2017 den Betrieb übernommen, bewirtschaftet 100 ha mit Ackerbau und Wald. Er betreibt Vertragsnaturschutz (Ernteverzicht, Uferrandstreifen) und setzt Agrarumweltmaßnahmen (Hecken, Wälder, Gräben) um. In Schlaggrößen von bis zu 22 ha hat er mittendurch Blühstreifen angelegt, um den Offenlandarten ganzjährig Deckung und Nahrung zu bieten. „Fasane sieht man häufiger. Aber Rebhühner und Hasen gibt es wenig“, so der Landwirt. Damit sich das ändert, beteiligt er sich am Projekt „W-Land: Warendorfer Landnutzer arbeiten für Naturschutzzwecke und Biodiversität“.
Das Projekt hat die Kreisjägerschaft Warendorf initiiert und finanziert es gemeinsam mit dem Kreis Warendorf. Unterstützt wird sie vom landwirtschaftlichen Kreisverband Warendorf und zusätzlichen finanziellen Mitteln durch die Volksbank Beckum-Lippstadt, die Volksbank Münsterland Nord eG und die Volksbank eG. Gemeinsam wollen sie den Lebensraum in der Kulturlandschaft aufwerten, damit sich die Bestände der bedrohten Offenlandarten wieder erholen können.
Wie das am besten geht, weiß Felix Homann: Im Auftrag der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft berät der Revierjäger interessierte Landnutzer, wie mit einfachen Maßnahmen wertvoller Lebensraum gestaltet werden kann. „Wir passen die Maßnahmen exakt an die Betriebe an, damit die Bewirtschaftung der Flächen nicht gestört wird“, so Homann. Landwirt Kleibolte nickt: „Arbeit habe ich mit den Strukturbrücken eigentlich nicht. Aber ich sehe jetzt schon erste Erfolge“, so der Landwirt.
15 landwirtschaftliche Betriebe beteiligen sich an „W-Land“. Auf rund 17 ha wurden schon sogenannte „Strukturbrücken“ angelegt: Die eigens für dieses Projekt entwickelte Blühmischung aus heimischen Kräutern wird als breiter Streifen inmitten der Ackerschläge ausgebracht und bleibt nach der Ernte des umgebenden Getreides stehen und überbrückt die Zeit bis zum nächsten Pflanzenwachstum auf den umgebenden Flächen. Das erhöht die Biodiversität und Rebhuhn, Feldhase, Wachtel & Co. haben ganzjährig Nahrung und Deckung. Je breiter die Strukturbrücke, desto besser: Denn an den Außenrändern lauert der Tot, wenn der Fuchs mit knurrendem Magen die Grenzlinien abläuft.
18 Monate bleiben die Strukturbrücken stehen. Nachteile hat der Landwirt nicht: Er hat maximale Flexibilität ohne Zwang. Er muss sich nicht auf mehrere Jahre festlegen, sondern kann jährlich eine neue Flächenregelung vornehmen. Außerdem kann er die Strukturbrücken im ELAN als „Blüh- und Bejagungsschneise“ angeben und muss keine Flächen auszeichnen.